Abschied

Der letzte Tag

Ein Umzugskarton steht neben ihrem Schreibtisch. Friederike Strauß räumt nach 30 Jahren am 30. Juni 2017 ihren Arbeitsplatz. Sie geht in Rente.

In den Karton wandern vor allem Bilder. Eins zeigt alle Kollegen zu ihrem 50. Geburtstag, auf anderen ist sie selbst im Kreis von Kollegen bei offiziellen Anlässen und in lustigen Teamrunden zu sehen; zwischen den Bildern landen zur Erinnerung an ihre Zeit bei der Spedition ein paar grüne Spielzeug-Lkw. An ihrem letzten Tag bitten wir sie um ein kleines Interview, das länger wurde als geplant.

Hallo Frau Strauß, wie fühlen Sie sich an Ihrem letzten Tag?
Er liegt mir schwer im Magen - der letzte Tag. Ich habe 30 Jahre gern bei der BTK gearbeitet. Sehr gern sogar. Ich kann mir noch gar nicht richtig vorstellen, dass ich ab Montag in Rente sein soll.

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Tag bei der BTK?
Ja, freilich! Das war der 2. Januar 1987. Meine Nachbarin hat mich auf den Job aufmerksam gemacht. Sie wusste, dass ich in meiner damaligen Stelle unglücklich war. Zuerst hab‘ ich abgewunken „Mei Erika, da muss man doch Erfahrung haben, die hab‘ ich doch nicht.“ Ich hab doch nur mal für einen Agrarhandel ein paar Lkw durch die Gegend geschickt und darauf geachtet, dass das auch Geld einbringt. Na immerhin, das Prinzip „Spedition“ hatten Sie schon intus.

Was haben Sie noch für den Job mitgebracht?
Nach der Realschule wollte ich was mit Menschen, Chemie und Buchhaltung machen. Aber für die Medizinisch-Technische-Assistentin war ich mit 16 Jahren noch zu jung und ich wurde Arzthelferin. Als ich bei der PWA als Sachbearbeiterin angefangen habe, war ich alleinerziehende Mutter mit einem neunjährigen Sohn und hatte gerade über eine EDV-Weiterbildung den Wiedereinstieg mit einem Job geschafft. Das war dann so Ende 1986, wenn ich richtig rechne.

Erinnern Sie sich noch an die ersten Tage bei der BTK?
Unvergesslich… Kaum war ich da, ist eine Kollegin zur Entbindung ins Krankenhaus. Es war keine Zeit mehr für irgendeine Übergabe. Als Halbtagskraft hatte ich auf einmal doppelt so viel Arbeit. Ohne meine Mutter hätte ich das nicht geschafft. Nach meiner eigenen Arbeit am Vormittag in Redenfelden (Ortsteil von Raubling) bin ich über Mittag heim und später nochmal in die Außenstelle Miesbach, um die Arbeit der Kollegin zu machen. Für die BTK als Konzerntochter war am dritten Arbeitstag des Monats um 12 Uhr mittags Rechnungsschluss. Ich hab’s hingekriegt. Ging schon irgendwie. Da haben Sie bestimmt ganz schön geschwitzt. Ja, und wie. Ich war ja noch in der Probezeit. Die Kollegin hatte auch ein ganz anderes Arbeitsgebiet als ich. Holztransporte, Ladungen nach Italien und so Geschichten. Aber ich hab‘ es halt gemacht. Wenn eine Ladung verplombt werden musste, bin ich in den Hof und hab die Plombe an den Lkw gemacht und das passende Zolldokument erstellt.

Wer hat Ihnen damals geholfen?
Ein paar Wochen nach mir kam Bernhard Reichert. Er hat mir gleich mal beigebracht, dass der Zug eigentlich Bahn heißt. Ich war ja, was das Speditionsgeschäft anging, damals nicht viel schlauer als ein Azubi und musste viel fragen. So habe ich gelernt und bin über die Jahre zuerst Team- und dann Abteilungs- und Speditionsleiterin geworden. Dann habe ich Prokura bekommen und Großkunden betreut. Rasanter Werdegang.

Was war denn die größte Herausforderung?
Nach der Liberalisierung hat der Konzern Mitte der 90er-Jahre die Außenstellen geschlossen. Die Werke in Mannheim (Ortsteil Sandhofen) und in Nördlingen haben damals ihre Zusammenarbeit mit der BTK als Spedition in vollem Umfang weitergeführt. Ihre Dispo wurde in Raubling zentralisiert, die Aufgabe fiel mir zu. Zur Unterstützung haben sie mir einen Lehrling zugeteilt. „Na toll, ein Lehrling!“ dachte ich und dann kam Josef Heiß, an einem Tag, an dem ich mit 30 offenen Ladungen fast verzweifelt bin. Ich hab‘ zu ihm gesagt: „Mei Sepp, wo fangen wir da jetzt an?“ Optimistisch hat er geantwortet: „Ganz einfach! Wir fangen da an, wo vorne ist. Und vorne ist da, wo die ältesten Ladungen sind.“ Gab es damals in den Anfängen schon etwas, was heute typisch für die BTK ist? Wir waren immer sehr offen und ehrlich miteinander. Wir haben über alles gesprochen. Und später, als Josef Heiß nach Weiterbildungen mein Vorgesetzter wurde, war es auch nie ein Problem, dass er mir sagte, wo es langgeht. Es war immer ein Hand-in-Hand-Arbeiten. Wir waren von Anfang an ein gutes Team. Wir haben zusammengehalten und uns gegenseitig geholfen. Dann wurde die BTK ausgegründet und Sie erhielten Prokura. Gemeinsam mit anderen Mitarbeitern aus alten Zeiten haben Sie die heutige BTK mitgeprägt.

Das Bild zeigt die Geschäftsführer Heiß, Reichert und Weiß beim Abschied von Friederike Strauß an der Tür.
Die BTK-Geschäftsführer Josef Heiß, Franz Weiß und Bernhard Reichert begleiten bis zum Ausgang. Dann kommt der endgültige Abschied. Kollegin Friederike Strauß geht nach 30 Jahren BTK am 30. Juni in den Ruhestand.

Was ist charakteristisch und sollte unbedingt so bleiben wie es ist?
Das Team! Nur, wenn die Teams zusammenarbeiten, dann können wir dem Kunden gute Leistung also Qualität bieten. Beim Wort „Team“ höre ich innerste Überzeugung.

Wo sehen Sie das im Alltag?
Jede Minute. Auch dann, wenn wir mal schimpfen (lacht). Denn wenn keiner mehr was sagt, dann lernen wir auch nichts mehr.

Wovon müsste die BTK mehr haben?
Fahrer. Ganz im Ernst. Das ist ein großes Problem, für die ganze Branche. Das ist die größte Herausforderung der nächsten Jahre. Stimmt. Das wird nicht leicht. Aber blicken wir an Ihrem letzten Tag wieder auf die schöne Seite.

Was hätten Sie gerne noch miterlebt?
Ich wäre gerne noch mit umgezogen. Aber das ist jetzt halt nicht mehr. Und auch den Start der neuen EDV hätte ich gerne noch gesehen. Ich weiß, was es heißt, so etwas ins Laufen zu bringen.

Wo sehen Sie die BTK in 10 Jahren?
Hoffentlich wieder in Raubling, da wo alles angefangen hat. Da besuche ich sie gerne.

Was wird Ihnen am meisten fehlen?
Die Ansprache. Wir haben immer voneinander gewusst, was gerade so los ist. Da eine Geburt, dort eine kaputte Schulter, ein neues Auto… (seufzt). Das Menschliche halt, das wird mir sehr fehlen. Ich bin noch nicht der Typ für Kreuzworträtsel. Ich werde immer gerne an meine Arbeit und die Kunden denken.

Und was machen Sie jetzt mit Ihrer Zeit?
Erst einmal mache ich Urlaub in Bardolino. Dann muss ich spazieren gehen. Auch wenn das nie meins war, aber ich muss es der Gesundheit zuliebe tun. Außerdem drängt mich meine Enkelin, ein Kochbuch zu schreiben. Ach (seufzt), alles Weitere wird sich dann schon finden (lacht).

Die Geschäftsleitung der BTK und alle Kolleginnen und Kollegen danken für den großen Einsatz und wünschen Friederike Strauß von ganzem Herzen einen guten Start in die Rente.